„Dorsten unterm Hakenkreuz“
Die Bürgerinitiative „Dorsten unterm Hakenkreuz“
Die Bürgerinitiative „Dorsten unterm Hakenkreuz“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Zeitgeschichte der jüdischen Gemeinde in Dorsten zu dokumentieren und zu erforschen. Dazu ist eine Buchreihe entstanden, die die nationalsozialistische Zeit und jüdisches Leben in Dorsten thematisiert. Diese Buchreihe dient zur Dokumentation, als Nachschlagwerk und als Geschichts- und Lesebuch.
Im November 1982 erschien in den Dorstener Ruhrnachrichten zum Volkstrauertag ein Artikel zur Erinnerung an jüdische Mitbürger, die verfolgt, gedemütigt und ermordet wurden. Dieser Artikel inspirierte eine Gruppe von Menschen, weiter über jüdisches Leben zu forschen und resultierte in einem Zusammenschluss zur Bürgerinitiative.
Eine wichtige Rolle bei der Gründung spielte Dirk Hartwich, welcher berichtete, froh über die Veröffentlichung dieses verdrängten Teils der Dorstener Geschichte zu sein. Es folgte die Gründung eines Arbeitskreises zur Forschung der jüdischen Gemeinde in Dorsten, welche offen und unparteilich über den Nationalsozialismus publizierte, indem die Mitglieder versuchten, Daten und Fakten zu sammeln, um ihre Aufklärungsarbeit zu leisten.
Über mehrere Monate lang beschäftigten sie sich in anstrengender und zeitintensiver Zusammenarbeit und baten durch Zeitungsaufrufe um Zeitzeugen, Berichte und Fotomaterial. Hier traf die Bürgerinitiative auf erste Misserfolge, da sich nicht viele Menschen meldeten. Diese recht dürftige Aktenlage stellte das größte Problem bei ihrer Datensammlung dar. Zudem erhielten sie auch anonyme Beschimpfungen sowie allerdings auch positive Rückmeldungen auf ihre Arbeit, die sie motivierten, ihre Forschung fortzuführen. Die anfängliche Negativität, Verspottung und Ablehnung verstummte im Laufe der Zeit zum Glück.
Im Laufe der Aufarbeitung entstand langsam ein Eindruck von der jüdischen Gemeinde in Dorsten, ihren Mitgliedern, ihrem Leben und den Vorkommnissen im nationalsozialistischen Dorsten wurden langsam vernehmlicher. Im engen Austausch mit noch lebenden jüdischen Bürgern erlangten sie Sicherheit in der Darlegung und Deutung der damaligen Ereignisse. Die Initiative war um jede Hilfe froh, die sie erhalten konnte und immer offen für Kritik und Verbesserung, da ihr Ziel die Aufklärung war.
Nach dem Krieg gab es viele Männer und Frauen, die diesen erlebten und unter ihm litten. Von ihnen blieben viele stumm, aber auch Mittwissende schwiegen noch Jahre danach, da sie sich sonst hätten eingestehen müssen, dass sie eine Mitschuld am Tod von Millionen jüdischen Menschen tragen. In den Jahren ihrer Arbeit folgten viele Anrufe und Gespräche sowohl mit Verfolgten als auch Verfolgern. Alle Bürgerinnen und Bürger waren herzlich eingeladen, sich zu melden und über den Alltag, den sie früher erlebten, zu berichten.
Diese Hilfe zur und die Dokumentationsarbeit an sich erforderte von den Beteiligten Respekt und ein hohes Maß an Kraft, Mut und Ausdauer. Als besonders bedrückend und ergreifend empfanden die Mitglieder der Initiative die Atmosphäre im Gespräch mit sowohl Angehörigen als auch Untätigen. Außerdem verspürte die Forschungsgruppe eine gewisse Angst und Erschütterung als ständig begleitendes Gefühl aufgrund der Drohungen, die sie erhielten, als auch der Angst, welche noch tief bei den Zeugen saß, trotz des mittlerweile demokratischen Deutschlands. Die Initiative resultierte in dem Verein für jüdische Geschichte und Religion, welcher heute noch mehr als 500 Mitglieder in Deutschland und darüber hinaus hat. Dieser Verein unterstützt seit 1999 auch das jüdische Museum Westfalen und sichert somit die Kontinuität und fachliche Arbeit des Museums. Sogar ein Aufnahme-Team des WDRs drehte eine kurze Reportage über die Forschungsgruppe, um über die Arbeit und Problematik zu berichten.
Ihre Arbeit und ihre vielen Veröffentlichungen widmete der Arbeitskreis „Dorsten unterm Hakenkreuz“ in Trauer und in Hoffnung den jüdischen Bürgern in Dorsten, die während der nationalsozialistischen Diktatur ermordet wurden. Sie soll außerdem tiefe Betroffenheit gegenüber den wenigen Überlebenden des Holocausts ausdrücken.
Alles, wofür die Initiative gearbeitet hat und wofür Nachfolgegruppen dieser heute noch kämpfen, gilt als Mahnung für Toleranz und Menschlichkeit an frühere, heutige und zukünftige Generationen. Denn auch heute müssen wir uns als Gesellschaft diese Ziele immer wieder vor Augen führen.