Eine Zeitzeugin an St. Ursula

Halina Birenbaum berichtet von ihren Erlebnissen aus der NS-Zeit

von Mariela Schmitt (Schülerin der EPH)

Am 22.01.2019 erwarteten gespannt 70 Schüler/innen der Einführungsphase des Sankt Ursula Gymnasiums Halina Birenbaum im Alten Rathaus.

Frau Birenbaum ist eine der noch wenigen lebenden Zeitzeugen des Konzentrationslagers in Auschwitz. In ihrem Vortrag sagte sie, dass sie sich selber versprochen hat, den Deutschen später von den Gräueltaten zu berichten, um ein wenig dazu beizutragen, dass sich so etwas nicht wiederholt und um ein Stück des Erlebten besser verarbeiten zu können.

Halina Birenbaum ist eine in Warschau geborene Jüdin, wo sie auch eine jüdische Schule besuchte. Zu Hause wurde polnisch gesprochen, sie war die jüngste von insgesamt drei Kindern. Als sie ungefähr 10 Jahre alt war, begann der zweite Weltkrieg. Im Warschauer Ghetto durchlebten sie und ihre Familie eine sehr schwere Phase. Sie hatten kaum etwas zu essen, sie durften nach 19:00 Uhr nicht mehr auf die Straße und alle Juden durften auch nicht mehr ihre eigentliche Arbeit ausüben. Die Stadt war voller bettelnder oder gar toter Menschen, dadurch hat Halina Birenbaum traumatische Dinge erlebt und gesehen. Sie versteckten sich tagtäglich vor SS-Soldaten und jeder Tag war ein Kampf ums Überleben. Dies haben sie geschafft, sagte sie, weil sie zusammen überlebt und durchgehalten haben.

„Vor der Zeit im Ghetto hat man von den Deutschen nur im Radio gehört, doch dann waren sie auf einmal da.“

Regelmäßig wurden im Ghetto Selektionen durchgeführt, welche an der Schule ihres Bruders Chilek stattfanden. Dieser Ort führte bei der nun ca.11-jährigen Halina zur Verwirrung, da sie sich nicht erklären konnte, was eine Schule damit zu tun hat. Bei den Selektionen herrschte jedes Mal eine sehr große Spannung und Angst. Immer wieder gab es diese Ungewissheit, ob es nun in einen der Züge nach Treblinka geht. Halina und ihre nur noch engste Familie haben lange Zeit im Ghetto überlebt. Der Vater war der erste, der von dieser Familie weggeführt worden ist. Diese Situation hat Halina noch mit eigenen Augen gesehen und dies war auch das letzte Mal, dass sie ihren Vater sah.

Ihr Bruder Chilek heiratete im Herbst 1942 seine Frau Hela, welche in Halinas Leben auch eine sehr wichtige Rolle gespielt hat. Hela und ihr Bruder waren bis Frühsommer 1943 ein Paar.

Mitte April 1943 gab es starke Bombenangriffe auf Warschau, weswegen sie ganze drei Wochen in einem Bunker verbrachten. Nach diesen drei Wochen traute sich einer der Menschen raus, doch dann waren dort deutsche Soldaten. Sie wurden alle zu dem sogenannten „Umschlagplatz“ gebracht, wo Soldaten mit Maschinengewehren auf sie zielten. Am 08.05.1943 wurden Halina, ihre Mutter und ihre Schwägerin Hela in einen Zug nach Majdanek gebracht. Es herrschten schreckliche Zustände in den Wagons, hunderte Menschen wurden brutal hineingedrängt, einige starben dort schon. Auch Halina fiel, weil sie keine Kraft mehr hatte. Sie schaffte es aber, sich aus der Menschenmenge wieder heraus zu drängen. Als sie ankamen, hatte Halina keine Kleidung mehr an sich und erlitt schreckliche Schmerzen, doch sie hatten noch einen langen Fußweg vor sich. Ihre Mutter gab ihr Pantoffeln mit Absätzen von einer zusammengebrochenen Frau, damit Halina größer und somit älter wirkte. Ihre Mutter sagte ihr, dass sie sagen solle, sie sei schon 17 Jahre alt, damit sie arbeiten darf. In diesem Lager hat Halina ihre Mutter zuletzt gesehen. Sie konnte nur schwer akzeptieren, dass ihre Mutter einfach nicht mehr da ist. Ab diesem Zeitpunkt übernahm nun Hela die Rolle der Mutter. Die beiden haben Unvorstellbares durchgemacht und immer mal wieder kleine Wunder erlebt. Letztendlich ist jedoch auch Hela an Schwäche und Krankheit gestorben. Halina hatte damit Vater, Mutter, den Bruder und ihre Schwägerin verloren. Ihr Bruder Malek überlebte. Auch hatte Halina schwere Verletzungen, eine Schusswunde zum Beispiel, welche jedoch durch eine erfolgreiche Operation keine bleibenden Folgen mit sich brachte.

„Ich habe meine Kraft aus meinen Illusionen genommen.“

Halina Birenbaum hat einen Weg gefunden zu überleben, was man als Wunder bezeichnen kann. Und auch heute noch lautet ihr Motto: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“

Foto: Dorstener Zeitung

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“ ist der Titel der Auto-Biographie Halina Birensteins. Dieses Buch und eine dazugehörige DVD kann im LBZ entliehen werden.

Wir danken dem AKJ der Stadt Dorsten und dem Trägerverein Altes Rathaus Dorsten für die Unterstützung.